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1. Wie waren die Anfänge in Triesdorf?
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Meine 1966 abgeschlossene Ausbildung an der Triesdorfer Ingenieurschule lag lange hinter mir als ich 1977 zufällig in meiner damaligen Arbeitsstelle, der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Eschborn, in den DLG-Mitteilungen eine Ausschreibung las. Sie war für eine
Professorenstelle für „Wirtschaftslehre des Landbaus“ an der FH Weihenstephan, Abt. Triesdorf.


Obwohl ich mich mit meinem Studium in Hohenheim, einem Aufbaustudium in Internationaler Agrarentwicklung in Berlin, einer Promotion über Kleinbetriebsentwicklung in Kenia und einer interessanten Stelle in der Entwicklungszusammenarbeit beruflich schon für eine Tätigkeit in der weiten Welt entschieden hatte, bewarb ich mich aus Nostalgie um die Lehrtätigkeit an meinem alten Ausbildungsort. Zu meiner großen Überraschung erhielt ich nach Probevorlesung und Einstellungsgespräch als weitaus jüngster Bewerber die Zusage zur Übernahme der Professorenstelle. Diese beinhaltete, dass ich einer anstehenden Versetzung nach Weihenstephan schriftlich zustimmen musste. Das hat mich wenig gestört, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass die Hochschulabteilung Triesdorf wirklich nach Freising verlegt werden könnte. Außerdem war meine Frau von Triesdorf sehr angetan, so dass ich etwas leichtfertig zusagte.


Als ich dann im September 1978 in Triesdorf anfing, war ich doch überrascht, was ich da vorfand:

  • es gab nur noch gut 100 Studenten

  • die FH-Abteilung in Triesdorf war nicht einmal ein eigener Fachbereich; der Dekan saß in Schönbrunn bei Landshut und Triesdorf hatte nur einen stellvertretenden Dekan

  • der Wissenschaftsrat, der damals Hochschulstandorte genehmigen musste, hatte bereits die Verlegung nach Freising beschlossen

  • meine vier Kollegen waren, bis auf Herrn Wieland, ehemalige Lehrer von mir aus Ingenieurschulzeiten, waren meistens über 30 Jahre älter als ich und außer dem Kollegen Dr. Hoffmann, der die Verlegung nach Freising für unumstößlich hielt, standen alle kurz vor der Pensionierung

  • eine Bibliothek gab es nicht, sondern nur einen größeren alten Koffer mit einigen antiquierten Fachbüchern

  • die einzigen Zeitschriften, die es an diesem Hochschulstandort gab, waren „Der Tierzüchter“ und das „Bayerische Landwirtschaftliche Wochenblatt“

  • besonders schmerzhaft war für mich nach meinem intensiven Arbeiten mit Computern im Studium, während der Promotion und selbst in Afrika, dass es keinen Computer gab, ja nicht einmal eine vernünftige Rechenmaschine

  • die Hörsäle und Arbeitsräume waren, abgesehen von ein paar Tageslichtschreibern, noch genauso ausgestattet wie zu meiner Triesdorfer Schulzeit, nur war die Einrichtung viel älter und noch mehr runtergekommen als damals

  • eine moderne Kugelkopfschreibmaschine durfte aus von mir nicht nachvollziehbaren Gründen nur für die Lehre und nicht für die Verwaltung (oder andersherum) genutzt werden

  • das einzige Kopiergerät war ein streng kontrollierter Feuchtkopierer mit Spezialpapier, der kaum brauchbare Kopien machte

  • schließlich halste man mir als einzigem Ökonomen alle Fächer in diesem Bereich auf, von der Buchführung und Produktionsökonomie bis hin zur Marktlehre und Agrarpolitik, so dass ich im ersten Jahr in Triesdorf mehr lernte als je zuvor.

 

Mit der Entscheidung für Triesdorf hatte ich zwar mein ursprüngliches Berufsziel, in der internationalen Agrarentwicklung tätig zu werden, zunächst aufgegeben, in Triesdorf gab es aber auch genügend zu entwickeln!


Meine Anfangszeit war geprägt vom hartnäckigen Kampf um den Verbleib der Hochschule in Triesdorf. Dabei gab es viele Gleichgesinnte. Außerhalb der Hochschule waren es in erster Linie die Landsmannschaft Frankonia, die bereits 1977 einen Beschluss des Landtags zum Erhalt des Hochschulstandorts Triesdorf erreicht hatte, die Vereinigung Ehemaliger Triesdorfer sowie mehrere einflussreiche Politiker und andere Unterstützer Triesdorfs, die sich vehement für den Triesdorfer Hochschulstandort einsetzten. Innerhalb der Hochschule war es dann vor allem der ein Jahr nach mir berufene Kollege Dr. Herz, der später langjährig und erfolgreich als Präsident der Hochschule fungierte. Schließlich konnte der für Hochschulstandorte in Deutschland zuständige Wissenschaftsrat von der Notwendigkeit des landwirtschaftlichen Hochschulstandorts Triesdorf für Nordbayern überzeugt werden, so dass der Fortbestand und Ausbau von Triesdorf von der Bayerischen Staatsregierung endgültig beschlossen werden konnte. Bereits vor diesem Beschluss wurde bereits 1979 erreicht, dass im Vorgriff kurzfristig 80.000 DM für den Aufbau einer Bibliothek und 60.000 DM für die, von mir besonders gewünschte, Anschaffung eines Computers bereitgestellt wurden. Bald folgte dann der Beschluss zur Renovierung der Hochschulgebäude mit einem Kostenvolumen von etwa 2,5 Mio. DM. Die vom Bezirk Mittelfranken übernommene Vorfinanzierung der Baukosten ermöglichten, dass die Baumaßnahmen schnell durchgeführt werden konnten.


Noch wichtiger als die Fortschritte bei der materiellen Ausstattung war die Genehmigung von drei weiteren Professorenstellen, die für die Abdeckung von Kernfächern notwendig waren. Außerdem war es mit nunmehr acht Professorenstellen möglich, wieder einen eigenen Fachbereich in Triesdorf einzurichten. Die Gründung des Fachbereichs Landwirtschaft II an der Fachhochschule Weihenstephan, Abt. Triesdorf, erfolgte dann im SS 1981 und als dienstältester der neuberufenen Hochschullehrer wurde ich zum Dekan gewählt. Damals herrschte Aufbruchstimmung in Triesdorf und alle Beteiligten zogen an einem Strang. Es wurde gebaut, Studienpläne reformiert und die Ausstattung laufend verbessert. Studenten arrangierten sich mit den begrenzten Möglichkeiten und organisierten beispielsweise die Nutzung des einzigen Computers rund um die Uhr. Die Fachbereichsratssitzungen verliefen harmonisch und wurden nicht selten bei einem Glas Bier im Gasthof Eder nachbereitet. Die positive Entwicklung der Hochschule sprach sich herum und die Studentenzahlen stiegen unerwartet steil.

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Als eigenständiger Fachbereich war Triesdorf durch den Dekan im Senat vertreten. Hinzu kam, dass Kollege Herz zum WS 1981/82 für zwei Jahre als Vizepräsident gewählt wurde und die Position Triesdorfs in diesem Gremium stärkte. Triesdorf konnte nun an wichtigen Entscheidungen, wie Verteilung der Haushaltsmittel und Personalstellen mitwirken. Dabei erwies es sich als Vorteil, dass Triesdorf wachsen wollte und sich intensiv um Professorenstellen bemühte, für die sich andere Fachbereiche zu Hochzeiten des Numerus clausus nur zögerlich interessierten, vermutlich weil sich mit den Professorenstellen die Anzahl der aufzunehmenden Studenten erhöhte. Mit den zusätzlichen Professuren konnte Triesdorf den Studienschwerpunkt Vieh- und Fleischwirtschaft einführen und sich bei dessen Standortwahl gegen die Fachhochschule Kempten durchsetzen. Im Nachhinein betrachtet ein wichtiger Entwicklungsschritt, weil er nicht nur das Studienangebot erweiterte, sondern auch die Einführung der heutigen Studiengänge Ernährung und Versorgungsmanagement sowie
Lebensmittelmanagement beförderte.


Als die GTZ mir Anfang 1985 die Leitung eines sehr interessanten und umfangreichen Agrarforschungsprojekts zur Bodenfruchtbarkeit in Kenia mit seinen vielfältigen agrarökologischen Zonen anbot, konnte ich nicht nein sagen. Ich ließ mich von meiner Hochschultätigkeit beurlauben. Als
Dekan folgte mir ab dem WS 1985 mein Kollege Dr. Feige.

2. Wie war die Zusammenarbeit der Triesdorfer Einrichtungen früher? Wie ist sie heute?

Wenn man über die Zusammenarbeit in Triesdorf spricht, darf die Historie nicht außer Acht gelassen werden. Die Vorläuferschule der Fachhochschule war die Ingenieurschule, die vom Bezirk Mittelfranken und dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten betrieben wurde und dem jeweiligen Direktor der Landwirtschaftlichen Lehranstalten Triesdorf unterstand, der auch die Zusammenarbeit mit den übrigen Einrichtungen Triesdorfs koordinierte. Mit der Gründung der Fachhochschule war da plötzlich eine eigenständige Institution, die jedoch für ihren Betrieb Einrichtungen des Bezirks, wie vor allem die Landmaschinenschule und das Lehrgut benötigte. Konflikte waren hier zumindest für die Übergangsphase vorprogrammiert. Zum Glück waren es meist
nur kleiner Reibereien, die zwar ärgerlich waren und die gedeihliche Zusammenarbeit störten, aber den Pflichtbetrieb nicht nennenswert beeinträchtigten. Abhilfe brachte hier ein Vertrag, der die Beziehungen zwischen der Hochschule und den Einrichtungen des Bezirks regelte. Allerdings gab es einen größeren Konflikt, als die Lehranstalten bzw. der Bezirk Mittelfranken das Hausrecht für die Räumlichkeiten der Hochschule beanspruchten, sich aber dank der Unterstützung des Kultusministeriums für die Hochschule nicht durchsetzen konnten. Im Laufe der Jahre haben nahezu alle Leiter der inzwischen neun weitgehend eigenständigen Triesdorfer Einrichtungen erkannt, dass eine gute Zusammenarbeit in einem solchen Bildungszentrum für alle Beteiligten von Vorteil ist und freiwillig letztlich besser und effizienter funktioniert als in einer großen Organisation, in der eine Leitung alles vorgibt. Von außen betrachtet, habe ich den Eindruck, dass inzwischen jeder
Hochschullehrer, der sich engagieren will, bei den Lehranstalten auf offene Türen stößt und nach Kräften unterstützt wird.

3. Bitte erläutern Sie mir die Geschichte des MBA Agrarmanagement.
Was war die Motivation, wie verlief die Entwicklung, wie ist der Masterstudiengang heute zu bewerten?

Als ich im Herbst 1988 aus Kenia zurückkam und in Triesdorf meine Arbeit fortsetzte, musste ich neben der Lehre noch zahlreiche Berichte zu meiner Tätigkeit in Afrika fertigstellen, war also in beiden
Welten. Ende 1989 kam dann die Wende und Ostdeutschland öffnete sich. Schon im Dezember 1989 versuchten Professor Willeke und ich Kontakte zu Kollegen “von drüben“ zu knüpfen und wir reisten nach Thüringen. Mir war damals klar, dass der Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft einen hohen Bedarf an qualifiziertem Personal in marktwirtschaftlichem Agrarmanagement mit sich bringt und nur mit Hilfe von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zu bewältigen sein würde. Zunächst habe ich eine Vielzahl von Seminaren in angewandter marktwirtschaftlicher Betriebswirtschaft in Thüringen und Brandenburg für Führungskräfte aus den LPGs und Berater organisiert und durchgeführt. Dabei hat sich bestätigt, dass die notwendige Qualifizierung von Führungskräften nur in einer umfassenderen Ausbildung möglich ist. Außerdem war mir klar, dass eine solche Ausbildung auch in all den anderen ehemals sozialistischen Ländern dringend benötigt wird.


Wir besprachen das mit Professoren der Universitäten Jena und Leipzig und kamen im Frühjahr 1990 überein, dass wir zusammen mit den beiden Universitäten zunächst einen einsemestrigen Ergänzungsstudiengang in Stadtroda und Jena für interessierte Fachkräfte aus der DDR anbieten. Hintergedanke war, dass die Professoren aus der DDR an ihren Hochschulen den Studiengang übernehmen und mithilfe ihrer Russischkenntnisse in weitere Länder Osteuropas und Zentralasiens
übertragen. Die beiden Agrarfakultäten in Jena und Leipzig wurden dann aber „abgewickelt“, so dass die ursprüngliche Idee nicht verwirklicht werden konnte.


Zwischenzeitlich erreichten uns Nachfragen aus Polen, Tschechien und Kasachstan nach einem solchen Studiengang und wir konzipierten eine Studienordnung für einen einjährigen Ergänzungsstudiengang Agrarmanagement, der als Eingangsvoraussetzung ein sechsmonatiges Praktikum auf einem landwirtschaftlichen Betrieb hatte. Da die Einführung in Ostdeutschland nicht mehr möglich war, habe ich diesen Studiengang beim Fachbereichsrat in Triesdorf beantragt, mit dem Hinweis, dass das Praktikum als praktisches Studiensemester von der Hochschule organisiert werden soll, sofern entsprechende Drittmittel eingeworben werden können. Die Genehmigung in Triesdorf war kein Problem. Schwieriger wurde es bei der Zustimmung des Senats der Hochschule. Zu einer Zeit als an der FH in Weihenstephan kaum ein ausländischer Student aus ferneren Ländern immatrikuliert war, man die „Mir-san-Mir“-Mentalität noch deutlich spürte und Internationalisierung eher einen negativen Beigeschmack hatte, waren im Senat erhebliche Widerstände zu überwinden. Schließlich wurde der Studiengang mit Unterstützung durch das Ministerium doch genehmigt und im Herbst 1991 begann in Triesdorf der Internationale Ergänzungsstudiengang Agrarmanagement mit zirka 15 Studenten aus Polen und der damaligen Tschechoslowakei. Finanziert wurde es vor allem durch ein Tempus-Projekt der EU. Bald folgten Hochschulabsolventen aus dem Baltikum, Kasachstan, der Ukraine, Russland, Usbekistan, Armenien, Georgien u.a.


Als dann im Jahr 2000 die Möglichkeit entstand, auch an Fachhochschulen Masterstudiengänge einzurichten, haben meine Mitarbeiter und ich diese Chance genutzt und eine entsprechende Studienordnung mit einem praktischen und drei theoretischen Studiensemestern konzipiert. Dieser Internationale Masterstudiengang Agrarmanagement wurde von den Hochschulgremien genehmigt und erhielt schließlich auch die wichtige Akkreditierung. Bis zu meinem Ausscheiden aus der Hochschule im Herbst 2011 hatten über 1400 Hochschulabsolventen aus mehr als 30 Ländern ein praktisches Studiensemester in deutschen Ausbildungsbetrieben absolviert und fast 900 hatten an der theoretischen Ausbildung teilgenommen. Überdies hatten in der Blütezeit 18 ausländische
Hochschulen das Konzept des Masterstudiengangs übernommen, teilweise bis heute erhalten und mit Unterstützung meiner Nachfolger sogar ausgebaut. Dies gilt auch für die deutschsprachigen Studiengänge in Sumy/Ukraine und in Eriwan/Armenien.

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Zur Finanzierung des internationalen Studienprojekts wurden über die Jahre mehr als 13 Millionen Euro Drittmittel von EU, GTZ, EU, der deutschen Agrarwirtschaft u.a. eingeworben. Ein besonderes erfreuliches Ereignis für den Internationalen Masterstudiengang Agrarmanagement war die Verleihung
des Prädikats „Top Ten der Internationalen Masterstudiengänge Made in Germany“ durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) im Jahr 2008. Diese Auszeichnung hat der nationalen und internationalen Bekanntheit sowie dem Ruf Triesdorfs einen zusätzlichen Schub gegeben.

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All das konnte natürlich nicht von einem allein geschaffen werden, sondern bedurfte des Zusammenwirkens vieler Institutionen, Gremien und Personen. Von den vielen Unterstützern möchte ich dabei folgende besonders hervorheben: Prof. Dr. Herz, der als langjähriger Präsident der Hochschule dieses Projekt kräftig förderte und notfalls sogar Förderanträge spät abends persönlich nach München zur Post brachte, wenn der Abgabetermin es erforderte, sowie meine ehemaligen Mitarbeiter Norbert Bleisteiner und Annette Schmid, die mit viel Engagement, Kreativität und Ausdauer fast über 20 Jahre hinweg die Entwicklung dieses Studiengangs begleitet haben. Beide sind Triesdorf in anderen Funktionen bis heute erhalten geblieben.

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Eine wesentliche Motivation für die Einführung des Masterstudiengangs war für mich meine Projekttätigkeit in Kenia. Dort ist mir klar geworden, dass wir Menschen in anderen Ländern nur helfen können, wenn wir sie befähigen, ihre Entwicklung selbst besser zu gestalten und ihre Probleme selbst zu lösen. Ein weiterer Punkt waren meine Erfahrungen mit Absolventen landwirtschaftlicher Hochschulen oder Universitäten in und aus anderen Ländern. Als Bauernsohn mit landwirtschaftlicher Lehre konnte ich oft nicht glauben, wie wenig praktisches Wissen und Können ein Großteil der akademisch gebildeten Landwirte hatte. Deshalb war für mich klar, dass der Ergänzungs- bzw. Masterstudiengang stark praxisbezogen sein sollte und mit einem praktischen Studiensemester beginnen muss. Auch hielt ich das Angebot in deutscher Sprache für wichtig. Sie war ohnehin Voraussetzung dafür, dass das praktische Studiensemester in einem deutschen Ausbildungsbetrieb absolviert werden konnte. Wesentlich war für mich aber auch, dass die Absolventen später Firmen der deutschen Agrarwirtschaft mit ihren fachlichen und kulturellen Erfahrungen als Mitarbeiter unterstützen können. Außerdem sollte die Sprache dazu dienen, die Beziehungen zur Bevölkerung in den Partnerländern zu verbessern, zumal dort die Auswirkungen des zweiten Weltkriegs noch viel präsenter waren als bei uns.


Für die besten Absolventen gab es dann in Triesdorf noch ein Assistentenprogramm, das dazu diente, Lehrmaterialen zu übersetzen und die Übertragung des Studiengangs an die Heimathochschulen zu unterstützen. Im Laufe der Zeit haben zahlreiche ausländische Absolventen in deutschen und internationalen oder vielfach auch mit eigenen Firmen Karriere gemacht. Etliche haben an den Heimathochschulen die Einrichtung und Durchführung des Ausbildungsgangs maßgeblich unterstützt, so dass ein internationales Netzwerk von Masterstudiengängen entstand.


Wie der Masterstudiengang heute zu bewerten ist, sollen eigentlich meine Nachfolger und die Partnerhochschulen beurteilen. Daraus, dass der Internationale Masterstudiengang Agrarmanagement in seiner Grundkonzeption aber nach wie vor besteht und die damit verbundene Zusammenarbeit mit
den ausländischen Hochschulen teilweise noch intensiviert und aktualisiert wurde, entnehme ich, dass es immer noch ein zeitgemäßes Studienangebot ist, das nachgefragt wird und den internationalen Ruf der Hochschule und speziell Triesdorfs fördert.

4. Was hat Sie in Triesdorf motiviert, was haben Sie und Triesdorf erreicht?
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Zu Beginn meiner Lehrtätigkeit galt mein hauptsächliches Engagement dem Erhalt der Hochschule in Triesdorf. Wie viele andere, hatte ich in meinem Werdegang Triesdorf viel zu verdanken und war überzeugt, dass dieser Bildungsstandort im Interesse der landwirtschaftlichen Ausbildung und der Bildungschancen der Jugend Nordbayerns in seiner Vielfalt erhalten werden muss, d.h. durch eine Verlegung der FH-Abteilung nicht geschwächt werden darf. Mit dem 1981 gegründeten Fachbereich Landwirtschaft II war dieses Ziel erst mal erreicht. Gleichzeitig galt es die Lehre zu modernisieren und ich hatte dabei die Nutzung von Computern besonders im Blick. Hier machte Triesdorf sehr schnell große Fortschritte und galt bald als Vorzeigemodell. Das nutzte den Triesdorfer Studenten und dem Ruf Triesdorfs, zumal ab 1981 auch viele Externe nach Triesdorf kamen, um das von Kollegen Gückel und mir etablierte Fortbildungsangebot in angewandter EDV zu nutzen. Teilnehmer waren über viele Jahre vor allem Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Technischen Zusammenarbeit (GTZ), aber auch Studenten und Dozenten der TU Berlin.

 

Ende der 1980er Jahre zeichnet sich ab, dass trotz der 1987 erfolgten Erweiterung des Lehrangebots um die Studienrichtung Vieh und Fleischwirtschaft, der Studiengang Landwirtschaft für ein hochschulgemäßes Lehrangebot zu klein ist. Mehrere Professoren entwickelten daraufhin konkurrierende Vorschläge für neue Studiengänge. Nach teils heftigen Diskussionen setzte sich schließlich die Ausbildung eines Ingenieurs für Umweltsicherung mit dem Zusatz Boden und Wasser gegen den von einigen wenigen Kollegen und mir favorisierten Wirtschaftsingenieur Umweltsicherung durch und wurde zu Beginn des WS 1993/94 in eingeführt. Die Einweihungsfeier fand am 28.10.1993 in Anwesenheit von Herrn Staatsminister Hans Zehetmair statt.

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Um das Studienangebot weiter zu verbreitern und damit den Standort zu sichern, erarbeiteten die Triesdorfer Kollegen ein Konzept für den Studiengang Ernährungs- und Versorgungsmanagement, der zu Beginn des WS 2001/02 mit 40 Studierenden startete. Die steigende Anzahl von Studierenden und Personal führte zur Raumnot, zu deren Linderung zunächst drei Hörsaalcontainer aufgestellt wurden.

 

Bald darauf beantragte die Hochschule einen Neubau an der Straße nach Merkendorf. Das Genehmigungsverfahren zog sich hin, aber Präsident Prof. Dr. Herz erkannte frühzeitig, dass die Realisierung dieses Baus der entscheidende Schritt zur Standortsicherung für Triesdorf ist. Er setzte sich nicht nur selbst intensiv dafür ein, sondern unterstützte dazu noch die Studierenden bei ihrer Werbung für den Neubau. Diese waren sehr kreativ und warben mit verschiedenen Aktivitäten Finanzmittel für den Neubau ein, so dass die Studentenvertretung im November 2004, nach meiner Erinnerung kurz vor einer entscheidenden Sitzung, Herrn Staatsminister Goppel einen Scheck in Höhe von 10.000 € als Anschubfinanzierung überreichen konnte. Die Genehmigung des Baus folgte bald danach und am 4. Oktober 2007 feierte die Hochschule die Einweihung des Neubaus für den Studiengang Ernährungs- und Versorgungsmanagement, den Internationalen Masterstudiengang Agrarmanagement und den Masterstudiengang Regionalmanagement.

 

Der bereits 1991 eingeführte Internationalen Ergänzungsstudiengang und spätere Masterstudiengang Agrarmanagement war nur möglich mit Hilfe von erheblichen Drittmitteln. Zur Abwicklung dieser Drittmittelprojekte, an welchen oft bis zu 10 in- und ausländische Hochschulen beteiligt waren, empfahl die EU die Nutzung einer Projekt-Firma. Diesem Vorschlag folgend, gründete ich 1991 die „Triesdorf Consult GbR“, in erster Linie um ein größeres Tempusprojekt zu beantragen und durchzuführen. Dessen erfolgreicher Verlauf und die steigende internationale Nachfrage nach dem Studiengang Agrarmanagement veranlassten mich, in Zusammenarbeit mit der Hochschule weitere Drittmittelprojekte zu beantragen. Diese umfangreiche finanzielle Förderung hat es dann ermöglicht, neben den Stipendien mehrere Personalstellen an der Hochschule über viele Jahre extern zu finanzieren und so den Ergänzungsstudiengang zum Masterstudiengang und zu einem internationalen Netzwerk auszubauen.

 

Als ab Mitte der 1990er Jahre immer mehr Projekte zur Qualifizierung von Beratungsdiensten sowie der Weiterbildung von Lehrkräften zum Aufbau von Berufs- und Fachschulen von der GTZ, EU und anderen Organisationen in Osteuropa und weiteren Ländern nachgefragt wurden, besann ich mich auf das große Potential von Triesdorf, das von der Berufsschule bis zur Hochschule alle landwirtschaftlichen Ausbildungsformen in bester Qualität zu bieten hat. Zusammen mit einigen Professoren, Mitarbeitern und Absolventen der Hochschule, Lehrkräften der Berufsschule sowie der Höheren Landbauschule und Technikerschule stellte ich Projektteams zusammen und bewarb mich um solche Projekte. Die Bewerbungen waren häufig erfolgreich und mit den Triesdorfer Fachkräften konnten in fast allen Staaten der ehemaligen Sowjetunion, aber auch in der Mongolei und China sowie in einigen Ländern Kleinasiens, Afrikas und Südamerikas viele solcher Projekte durchgeführt werden. Damit war ich eigentlich wieder zurück in meinem ursprünglichen Berufswunsch, nämlich der internationalen Agrarentwicklung. Diese Tätigkeit war für mich nicht nur Arbeit, sondern hat mir viel Freude und Erfüllung gebracht, zumal mich neben den vielen Triesdorfern vor allem auch meine Frau vielfältig unterstützte und mich bei vielen Reisen begleitet hat. Überdies hat sie über nahezu 20 Jahre die internationalen Studenten nicht nur ihrer Muttersprache Englisch unterrichtet, sondern auch in Deutsch, das sie selbst als Fremdsprache gelernt hatte.

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Selbst nach der Pensionierung habe ich diese Projekttätigkeit fortgesetzt und mit einem größeren Projektteam aus Triesdorf ein EU-Twinning Projekt zum Aufbau landwirtschaftlicher Berufsschulen in Aserbaidschan geleitet und mit tatkräftiger Unterstützung durch Michael Huith, dem ehemaligen Direktor der Höheren Landbauschule/Technikerschule, erfolgreich durchgeführt. Hinzu kam dann noch als letztes größeres Projekt die Berufsschulentwicklung in Wenzhou/China in Zusammenarbeit mit dem leider viel zu früh verstorbenen ehemaligen Direktor der Berufsschule Werner Kern.

 

Bei meiner Auslandstätigkeit fiel mir bereits Anfang der 90er Jahre auf, dass ich mit „Abteilung Triesdorf“ immer Schwierigkeiten hatte zu erklären, von welcher Hochschule ich komme. Schon damals reifte bei mir der Wunsch nach einer Namensänderung. Bald merkte ich, dass etliche Triesdorfer genauso dachten wie ich. Als Gleichgesinnte unternahmen wir mehrere Vorstöße, die Hochschule in Weihenstephan-Triesdorf umzubenennen. Selbst als ich dann Vizepräsident war, kam ich mit dem Vorschlag nicht durch, weil die Vertreter der Weihenstephaner Fakultäten in den Gremien immer die Mehrheit hatten und gegen diese Namensänderung waren. Das änderte sich erst 2007 als der Modus für die Senatswahlen geändert wurde und Triesdorfer Vertreter mit geschickter Listenbildung bei den Wahlen und viel Glück plötzlich die Mehrheit im Senat errangen und mich zum Senatsvorsitzenden wählten. Die Namensänderung verfolgte ich dann mit hoher Priorität, musste aber erfahren, dass sie in Weihenstephan immer noch nicht gewollt war und sogar der Oberbürgermeister von Freising den Präsidenten der Hochschule, den Vorsitzenden des Hochschulrats und mich einlud, um uns von den Nachteilen dieser Namensänderung zu überzeugen. Schließlich befürworteten die Hochschulleitung und der Hochschulrat sie doch. Dabei half natürlich, dass zwischenzeitlich Triesdorf ein respektabler Hochschulstandort mit nationalem und internationalem Renommee geworden war.


Für mich war es dann eine große Genugtuung als dann in meiner letzten Sitzung als Senatsvorsitzender die Namensänderung der Hochschule in Weihenstephan-Triesdorf verabschiedet wurde. Jetzt fehlte nur noch die Zustimmung des Landtags, die ich für eine reine Formsache hielt. Weit gefehlt! Zum Glück prüfte ich rechtzeitig im Internet die Tagesordnung des Landtags für seine letzte Sitzung vor seiner Sommerpause und stellte zu meiner Überraschung fest, dass die Namensänderung auf der Tagesordnung fehlte. Ob es Versehen oder Absicht eines Weihenstephan freundlichen Mitarbeiters des Ministeriums oder des Landtags war, weiß ich nicht. Jedenfalls informierte ich umgehend MdL Gerhard Wägemann, der dann noch die ordentliche Abstimmung erreichte, so dass die Namensänderung in Kraft trat und die neuen Mehrheitsverhältnisse in den Gremien der Hochschule nach der Sommerpause daran nichts mehr ändern konnten.

5. Wie sehen Sie die Weiterentwicklung der HSWT?

Als vor mehr als 10 Jahren pensionierter Hochschullehrer kann ich meine Meinung nur noch auf Beobachtungen stützen. Von außen betrachtet begrüße ich die intensive Fortführung und teilweise Erweiterung der in den 90er Jahren begonnenen internationalen Aktivitäten. Ebenfalls sehr positiv sehe ich das verbreiterte Ausbildungsangebot und insbesondere das Wachstum der dualen Studiengänge. Auch habe ich den Eindruck, dass die allermeisten Professoren sehr aktiv sind, praxisnah ausbilden, Drittmittelprojekte einwerben und die Möglichkeiten des Biomasseinstituts nutzen.


Insgesamt haben sich die Hochschule und das gesamte Bildungszentrum bewundernswert entwickelt und einen Stand erreicht, von dem man Anfang der 80er Jahre allenfalls träumen konnte. Dass die Fraunhofer-Gesellschaft nun gezielt in Triesdorf ein Institut ansiedelt, bestätigt die hohe Attraktivität des Standorts.

 

Wo ich allerdings sehr kritisch bin, ist der hohe Stellenwert, den die Hochschule dem ideologisch geprägten Ökolandbau beimisst. Ich kann nicht nachvollziehen, dass man die Probleme von Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt ausgerechnet mit einer Anbaumethode lösen will, die den halben Ertrag bringt, die 1,6-1,7- fachen Produktionskosten aufweist und aufgrund des wesentlich höheren Flächenbedarfs den Klimawandel fördert und der Artenvielfalt schadet. Dabei ist doch offenkundig, dass der Bedarf an Nahrungsmitteln und Agrarprodukten global erheblich steigt, die ohnehin schon knappen Ackerflächen sich aufgrund von Bevölkerungswachstum, Klimawandel,
Degeneration und zunehmenden Siedlungsflächen weltweit unter Druck stehen. Ihre massive Ausdehnung zerstört schon jetzt mit der Rodung von Wäldern und dem Umbruch von Grünland hochwertige Ökosysteme und kann bisher den Wiederanstieg des Welthungers nicht verhindern. In dieser Situation ist die Ökologisierung und Leistungssteigerung der gesamten Landwirtschaft ohne die ideologischen Barrieren des Ökolandbaus die echte Herausforderung. Sich mit der Entwicklung und vernünftigen Nutzung von neuen Technologien zur Rettung von Klima, Umwelt und zur nachhaltigen Sicherung der Ernährung einen Namen zu machen, wäre für die Hochschule und nicht zuletzt für die Landwirtschaft insgesamt allemal zukunftsträchtiger als dem Zeitgeist hinterherzurennen.


Schließlich bedaure ich, dass mit dem Wachstum der familiäre Charakter der Hochschule in Triesdorf verloren ging. Früher wohnten die Professoren noch am Ort, waren nicht nur zu knappen Sprechzeiten persönlich erreichbar und kannten fast alle ihrer Studenten; manche sogar so gut, dass sie über Liaisons bestens Bescheid wussten und bei vielen privaten Problemen aushalfen. Gemeinsame Feiern von Professoren und Studenten waren keine Seltenheit und man traf sich auf der Straße, im Gasthof oder beim Einkaufen. Leider musste die Triesdorfer Hochschul-Idylle dem Wachstum und damit dem Erhalt des Standorts geopfert werden. Triesdorf bietet allerdings inzwischen vielfältige Studienmöglichkeiten und ist dennoch im Vergleich zu anderen Hochschulen immer noch überschaubar und ermöglicht ein effizientes und angenehmes Studium. Nicht übersehen darf man allerdings, dass immer mehr Studenten und vor allem deren Feierkultur zunehmend den Unmut der Weidenbacher Bürger erregen und die Hochschule im Interesse eines unbelasteten Miteinanders gut beraten wäre, wenn sie, fernab der Wohngegenden, für mehr Möglichkeiten des studentischen Lebens
sorgen würde.

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